Matinee zur Stadtgeschichte
PZ-Forum.
am Sonntag, 14.10.2007, 11.15 Uhr

Reuchlins Kampf gegen den Antisemitismus

Begrüßungsrede Obermeister Claus Kuge

Als ich vor einem Jahr diese Matinee mit Dr. Dörner von der Reuchlin Forschungsgesellschaft ausgemacht habe und er hierzu als Titel „Ein Kampf um Rom“ vorgeschlagen hat dachte ich sofort an das spannende Historienbuch „Ein Kampf um Rom“ von Felix Dahn.

In diesem historischen Wälzer wird des Gotenkönigs Alarich Kampf um Rom während der Völkerwanderung dargestellt mit Gewalt, Intrigen, Liebe und Verrat.

Ein Stoff aus dem Träume sind. Und der das Trauma der Römer mit den Germanen darstellt.

Ich denke Dr. Dörner will uns mit diesem bewußt gewählten Titel zeigen, dass dieser Kampf um Rom in den ersten beiden Dekaden des 16. Jhds. massiv stattgefunden hat. Wieder ausgelöst von den germanischen Barbaren nördlich der Alpen, die diesmal den Stuhl Petri angegriffen haben.
Allerdings nicht mit dem Schwert, sondern mit dem Wort – das bekanntlich schärfer schneidet und tiefere Wunden hinterlässt. Wunden, die nicht zu verbinden sind und die nicht mehr zusammenwachsen.

Was war also los in den 1500 bis 1520er Jahren?

Durch Humanismus und Reformation – durch die Humanisten Reuchlin, Erasmus v. Rotterdam und die Reformatoren Luther und Melanchthon – fühlte sich und wurde auch real die Kurie in Rom angegriffen und lebensbedrohlich erschüttert in ihren Fundamenten, Traditionen.

Die historischen Denker des ausgehenden Mittelalters kritisierten offen Kirche und Papst. Mit Inquisition, Exkommunikation, Verbot, Verbannung und Verbrennung wehrte sich Rom mit den altbewährten Instrumenten der Machterhaltung.

In der ersten Phase wurde der Kampf um Rom, also zur Zeit Reuchlins und der gewaltfreien humanistischen Denker noch ohne Waffen, also verbal ausgefochten. Es folgte in der zweiten Phase, also der Reformation, dem Geist das Schwert: Die Bauernkriege in Deutschland und der 30jährige Krieg in Europa sind später dann die Schlußpunkte im Kampf um Rom. Im Kampf zwischen Reformation und Gegenreformation.

In die geistigen Wurzeln dieses Streits führt uns Dr. Dörner heute ein. In ein brisantes Thema mit dem sich Reuchlin beschäftigt hat: soll man die Bücher der Juden verbrennen? Das Thema des Antisemitismus war und ist seit über 2000 Jahren ewig aktuell. Und bricht immer wieder nach gleichen Strickmustern aus:
zuerst werden Schriften und Lehren der Juden attaktiert, dann werden ihnen Verbrechen oder Vergehen gegen Obrigkeit und Gesellschaft vorgeworfen und auf dieser Grundlage werden sie verfolgt, verbrannt, vergast, ausgerottet.

Wie hat also Pforzheims größter Sohn, der Humanist Johannes Reuchlin vor über 500 Jahren die Schriften der Juden verteidigt und sich selbst dadurch gegen die Obrigkeit gestellt?

Claus Kuge

(Es gilt das gesprochene Wort)


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