Portrait der Gesellschaft

Die Singergesellschaft im 21. Jahrhundert

Die Löbliche Singergesellschaft von 1501 Pforzheim ist eine der ältesten lokalen Bürger-Initiativen Deutschlands. Die Löbliche Singergesellschaft ist ausschließlich an humanitären, sozialen, caritativen, stadtgeschichtlichen und heimatpflegerischen Zielen orientiert. Die Löbliche Singergesellschaft ist völlig unabhängig und absolut überparteilich.

Zusammenschluß und Zusammenhalt der Löblichen Singer beruhen auf rein freiwilliger Basis.

Seit ihrer Gründung im Jahr 1501 haben die Satzungen der Gesellschaft viele zeitorientierte Neufassungen erfahren, jedoch blieben Sinn und Zweck der Gesellschaft stets im Geist der Gründer aus dem Pforzheimer Pestjahr 1501 erhalten: u.a. sind deshalb alle „Singer“ ausschließlich volljährige, männliche Bürger Pforzheims oder Männer, die sich der Stadt Pforzheim verbunden fühlen.

Keine Orden, Riten, Ehrenzeichen

Der Name der Gesellschaft wird im aktuellen Sprachgebrauch und Sinnverständnis oft fehlinterpretiert:

Die Löbliche Singergesellschaft ist kein Gesangverein, keine Loge, kein Orden, keine Sekte, keine bündische Vereinigung, kein ausschließlich historischer oder heimatkundlicher Verein. In der Löblichen Singer Gesellschaft gibt es keine Trachten, Riten, Orden oder Ehrenzeichen. Und nichts ist in und an der Löblichen geheim.

Im Gegenteil: alles wird offen gelegt und ohne Vorbehalt öffentlich zugänglich gemacht.

Die Löbliche kann dies durch ihre 500-jährige Geschichte hindurch beweisen und ihr Engagement in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft offen legen:

Die Löbliche Singergesellschaft ist für alle Bürgerinnen und Bürger Pforzheims aktiv und denkt und handelt demokratisch. 

1501: die Ursprünge

Gegründet in einer Zeit als Christoph Kolumbus mit Segelschiffen von seiner dritten Amerikafahrt zurückkehrte und die Pest in ganz Europa wütete, hat die Löbliche jetzt ein halbes Jahrtausend als lokale Bürgerinitiative überdauert!

Ausgelöst durch die Pest war 1501 in Pforzheim ein Jahr großer Rat- und Hilflosigkeit, Unordnung und Verzweiflung.

Überall lagen die Leichen der an der Pest Verstorbenen in den Häusern, auf den Straßen. Aus Angst heraus, sich selbst tödlich anzustecken, wagte es in Pforzheim niemand mehr, die Toten zu bestatten.

Da und dort sah man jedoch beherzte Männer, die unter Mißachtung ihres Lebens gemeinsam Außergewöhnliches taten: Sie sammelten die Leichname ein, trugen sie auf Bahren mit Gebet, Psalmengesang und brennenden Kerzen zu Grabe. Sie erwiesen so ihren verstorbenen Mitbürgern gegenüber menschlich-würdevolle Achtung und christliche Demut.

Dem Beispiel der ersten wenigen Mutigen folgten mehr und mehr Männer aus Pforzheim.

„Singer“ wurden sie deshalb von der Pforzheimer Bevölkerung respektvoll genannt.

Die Tätigkeit der „Singer“ war in jenen Tagen in Pforzheim so bedeutsam geworden, daß sich die Männer über die damaligen Standes- und Zunftgrenzen hinweg zu einer festen Bruderschaft zusammenschlossen und sich „Singergesellschaft“ nannten. Bei Volk und Kirche standen sie in hohem Ansehen.

Eine kurze Reise durch Zeit und Geschichte

Die Singergesellschaft überlebte die Auflösung als Bruderschaft in der Reformation.

Man traf sich einmal im Jahr an Dreikönig, um die internen Angelegenheiten zu regeln und um im feierlichen Rahmen ein gemeinsames Mahl einzunehmen.

Als Begräbnisgesellschaft sorgte man weiterhin für ein christliches Totengeleit für Mitglieder und deren Angehörige.

1694, nach dem Ende des Pfälzischen Erbfolgekrieges lag Pforzheim in Trümmern.

Am 27. Dezember 1694 hatte die erste Zusammenkunft der überlebenden Singer stattgefunden. Man zählte 41 Mann, vom Kirchenrat bis zum Organisten, vom Bürgermeister bis zum Bader, vom Pfarrer bis zum Bortenmacher und Hosenstricker. Die Unterlagen waren verbrannt, die alte Bruderschafts-Lade wohl ausgeraubt und das Vermögen bis auf 100 verliehene Gulden dahin. Ein trauriger Tag und dennoch ein Neuanfang, der wenige Jahre später, als die bitterste Not in der zerstörten Stadt gelindert war, in der Reorganisation der Gesellschaft, in der Anlage eines neuen Stammbuchs und der Niederschrift neuer Statuten im Jahre 1701 seinen Abschluß fand.

Zwei traditionelle Schwerpunkte prägten die Vereinigung zu Beginn des 18. Jahrhunderts: die Sicherung eines christlichen und ehrwürdigen Begräbnisses der Mitglieder und ihrer Familienangehörigen und die Durchführung der jährlichen Zusammenkunft. Die Singergesellschaft war zum einen Begräbnisversicherungskasse und bot zum anderen wenigstens einen geselligen Höhepunkt für breitere Schichten der männlichen Pforzheimer Bürgerschaft in einem ansonsten eher freizeitarmen und stark reglementierten Dasein.

Die Krise im
18. Jahrhundert

Nach dem hoffnungsvollen Neuanfang 1701 scheinen wenige Jahre später Stagnation und Desinteresse das Schicksal der Singergesellschaft im 18. Jahrhundert bestimmt zu haben. Die Beteiligung an den Begräbnissen ließen häufig zu wünschen übrig. Die „kleine Mahlzeit“ aus Anlaß der Hauptversammlung hingegen gefährdete mehrmals das Gesellschaftsvermögen und mußte dementsprechend einige Male ausfallen. Die Mitgliederzahl sank fast kontinuierlich auf 22 Mitglieder im Jahr 1795 und mehrmals wurde die Auflösung und die Überweisung des Vereinsgeldes an die Armenkasse beantragt. 

1801 wendet sich das Blatt

Als Wohlfahrts- und Traditionsverein in voller Blüte!

Der Vorstand beschloß erhöhte Beiträge. Kranke Mitglieder wurden fortan unterstützt, Hinterbliebene erhielten ein „Sterbebeneficium“, bedürftige Mitbürger bekamen Hilfe in Form von Geld oder Naturalien. Die Singergesellschaft entwickelte sich zum Wohlfahrtsverein.

Um 1840 hatte sich die Singergesellschaft erneut etabliert. Hauptursachen sind in der enormen Bevölkerungsvermehrung im Rahmen der Industrialisierung und im Aufkommen des Vereinswesens zu sehen. Vereine waren die bürgerliche Organisationsform des 19. Jahrhunderts. Neben Geselligkeit boten sie breiten bürgerlichen Schichten die Verwirklichung gemeinsamer Interessen wie Arbeiterbildung, Gesang und Sport und damit eine beschränkte Teilhabe am öffentlichen Leben, die den meisten in der Politik versagt blieb.

Die Errichtung einer Leichenhalle und die Neugründung des städtischen Waisenhauses gingen auf Initiativen der Singer zurück. Ihre Mitgliederzahl wuchs, die „Generalversammlung“ wurde zunehmend feierlicher ausgestaltet, wie seit 1857 den Pforzheimer Zeitungen zu entnehmen ist. Den Abschluß bildete dabei ein mehrgängiges Mahl, unterbrochen von Trinksprüchen, Gedichten, Vorträgen und musikalischen Beiträgen.

Die Mitgliederentwicklung der Singergesellschaft verlief parallel zur Bevölkerungsentwicklung Pforzheims. 1810 hatte Pforzheim 5.572 Einwohner, 69.082 Einwohner wurden 1910 gezählt.Die Singergesellschaft hatte 25 Mitglieder im Jahr 1800 und 1.044 Mitglieder im Jahr 1910.

Das 20. Jahrhundert

Wandlungen und Zäsuren

Die Löbliche Singergesellschaft vollzog im 20. Jahrhundert, mit Zäsuren jeweils an der politischen Entwicklung Deutschlands orientiert, eine fundamentale Wandlung vom Traditionsverein zum Verein mit sozialen und bürgerfreundlichen Initiativen.

1901 erfolgte mit großem Aufwand die 400-Jahr-Feier, zu der eine Festschrift erschien. Mit 1044 Singern erreichte die Gesellschaft 1910 die höchste Mitgliederzahl überhaupt. Es gehörte zum guten Ton, im Pforzheimer Traditionsverein zu sein. Mit dem 1. Weltkrieg endeten die Hauptversammlungen im großen Stil. Die Gesellschaft zeichnete Kriegsanleihen, unterstützte die hiesigen Lazarette und hoffte mit dem Vaterland auf den Sieg. Was die Kriegsanleihen übrig ließen, fiel in der Weimarer Republik der Inflation anheim. Einige Mitglieder spendeten größere Summen und ab 1926 wurden wieder Jahresfeiern abgehalten – zumeist im „Kaiserhof“ an der Roßbrücke, im schlichteren Rahmen.

Ab 1929 konnten erneut Sterbegeld und Unterstützungen gezahlt werden. Nach der Machtergreifung Hitlers bekannten sich einige Vorstandsmitglieder offen zum Nationalsozialismus, wie den Presseberichten zu entnehmen ist.

Der Verein selbst entging der Gleichschaltung aufgrund seiner Wohlfahrts- und Unterstützungsaufgaben und als der Traditionsverein der Stadt. Während des 2. Weltkrieges wurden die Hauptversammlungen bis 1944 beibehalten. Die Kreisleitung wies wiederholt auf den vorbildhaften Einsatz der ersten Singer hin und suchte die Geschichte der Gesellschaft für die Zwecke der Kriegsführung zu vereinnahmen.

Zuletzt hatte der Verein 500 Mitglieder. Viele von ihnen starben mit ihren Familien im Inferno der Stadtzerstörung am 23.2.1945.

Neuanfang nach dem 2. Weltkrieg

Im Frühjahr 1948 begann die Neukonstituierung des Vereins.

Der Restvorstand veröffentlichte kleine Anzeigen in der örtlichen Presse und verhandelte mit der alliierten Militärbehörde. Nach einem Jahr war die Genehmigung zur Neugründung erteilt. Am 10.7.1949 fand in der Gaststätte „Hoheneck“ die erste Hauptversammlung nach dem Kriege statt. 162 Singer ließen sich in das neuangelegte Mitgliederverzeichnis eintragen. Mit der 450-Jahr-Feier am 7.1.1951 beginnt der jüngste Abschnitt der Singergesellschaft: die „Löbliche“ wandte sich neuen Aufgaben im Bereich der freien Wohlfahrts- und der Heimatpflege zu und öffnete sich über gesellige und heimatkundliche Veranstaltungen wie bunten Nachmittagen, Sommerfahrten und Vorträge den Ehefrauen, Familienangehörigen und Nichtsingern. Und: 1979 prägte der damalige Oberbürgermeister der Stadt Pforzheim, Dr. Willi Weigelt, für die Singer den Begriff von der „ersten Bürgerinitiative der Stadt“.

2001

500-jähriges Jubiläum

Der Vorstand im Jubiläumsjahr 2001

2013

Die Löbliche Singergesellschaft engagiert sich in Pforzheim – für Pforzheim!

Die Singergesellschaft hat die Reformation und vier Kriegszerstörungen Pforzheims im 17. Jahrhundert genauso überdauert, wie den totalen Stadtuntergang im 2. Weltkrieg am 23. Februar 1945.

Im Verlauf ihrer 500-jährigen Geschichte hat sich die Löbliche Singergesellschaft von 1501 Pforzheim von der mittelalterlichen Pestbruderschaft zur heutigen Gesellschaft mit sozialen und bürgerfreundlichen Initiativen entwickelt.

Über 550 „Singer“ tragen im Jahr 2013 die mehr als 500 Jahre alte Tradition der Löblichen fort, die sich in vielfältiger Weise im sozialen und heimatgeschichtlich-kulturellen Bereich betätigt: Die Gesellschaft veranstaltet regelmäßig Matineen zur Stadtgeschichte, unterstützt heimatgeschichtliche Buch- und Ausstellungsprojekte und Maßnahmen der Denkmalpflege.

Die Löbliche Singergesellschaft unterstützt Institutionen der örtlichen Alten-, Jugend-, Behinderten- und Krankenpflege mit Sach- und Geldspenden zur Unterstützung ihrer Arbeit. Desweiteren wird durch „stille Hilfe“ bedürftigen Mitbürgern unbürokratisch geholfen. Die Löbliche versteht sich auch als Gesellschaft, die das Wir-Gefühl in Pforzheim stärkt. Und damit Positives für die Stadt, ihre Umgebung und den Enzkreis bewirkt. Deshalb finden sich in der Löblichen männliche Bürger aller Altersstufen und aller sozialen Schichten, um gemeinschaftlich ihre positiven Energien für diese Ziele zu vereinen.

 

Die Philosophie im
21. Jahrhundert

Um die erkannten gesellschaftlichen und sozialen Aufgaben zu erfüllen, den Fortbestand der Löblichen zu garantieren und um die Gesellschaft mit neuen Impulsen für das neue Jahrtausend zu versehen, wirbt die Löbliche heute gezielt um neue und engagierte Mitglieder, die sich mit den Aufgaben, Zielen und Visionen der Löblichen identifizieren können. Und die in einer zunehmend globalisierten Gesellschaft ihre lokalen Wurzeln erkennen und erhalten wollen. Denn: Unsere Stadt braucht persönliches Engagement! In unserer Zeit mangelt es an uneigennützigen Vorbildern.

Die Löbliche Singergesellschaft von 1501 Pforzheim ist uneigennütziges Vorbild in Pforzheim und für Pforzheim. Die Gesellschaft wertet es als positive Entscheidung für unsere Heimatstadt, dass über 120.000 Bürgerinnen und Bürger freiwillig in Pforzheim leben, wohnen und arbeiten. Und engagiert sich deshalb nachdrücklich „pro Pforzheim“ seine Bürgerschaft, die Stadt und ihre Umgebung. Und somit für positive Strömungen, Ideen und Vorhaben, die Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges in Pforzheim betreffen.

Die Löbliche erschließt mit Engagement der Bürgerschaft Pforzheims gerade deshalb auch historisches und heimatkundliches Wissen. U.a. mit regelmäßigen Matineen zur Stadtgeschichte. Dies ist in Pforzheim besonders wichtig und notwendig, da im 2. Weltkrieg die Zeugnisse der Geschichte unserer Kommune und ihr Stadtbild fast komplett zerstört worden sind. Und Pforzheim damit viel von seiner Identität, seiner Erinnerung und seiner Geschichte – und damit seiner Wurzeln – verloren hat.

Um Erhalt und Wiedererlangen dieses Wissens bemüht sich die Löbliche: Heimat kann auf Dauer nur sein, was Mann/Frau/Kind kennt und darüber gut Bescheid weiß. Gerade auch über die lokalen und kommunalen Quellen und Wurzeln, die Schlüssel zur Gegenwart in Kultur, Architektur und Kunst, Wirtschaft, Umwelt und Sozialem sind. Neben ihren caritativen und sozialen Aktivitäten interpretiert die Löbliche Singergesellschaft heute so ihre zeitgeschichtliche Bedeutung und ihren aktiven Beitrag zum Geschehen in der Stadt Pforzheim.

Die Löbliche Singergesellschaft leistet durch positive Diskussion, Stellungnahmen sowie Handlungen ihren Beitrag zu Gegenwart und Weiterentwicklung der Stadt.

Die Löbliche Singergesellschaft bekennt sich im 21. Jahrhundert ausdrücklich „pro Pforzheim“ – mit Herz, Hand, Verstand und Erinnerung.