Pforzheim und das liebe Geld
Vom Denar über Heller und Mark bis zum Euro
Vortrag anlässlich der Jahreshauptversammlung der LÖBLICHEN SINGERGESELLSCHAFT VON 1501 PFORZHEIM am 6. Januar 2002Wolfgang Roth, Vizepräsidenten der Europäischen Investitionsbank (EIB) in Luxemburg

Rede im vollen Wortlaut: Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, liebe Singer,

zum Gelde drängt, am Gelde hängt doch alles. Ach wir Armen. Das seufzt unser Gretchen im Faust. Unser großer Goethe, der zu nahezu allem das Richtige gesagt hat, erfuhr dieser Tage besondere Rechtfertigung.

Die Fernsehsender, die virtuellen Tratschtanten unserer Zeit, beschäftigen uns nun seit Wochen mit dem Gelde, ohne dass ein Rat gegeben würde, wie man an mehr kommt. Aber dafür sind wir alle Euroexperten geworden, die auf die Euroeinführung vorbereitet waren.

Es war schon eindrucksvoll, wie viele verschlafene Menschen am 1. Januar brav Schlange standen, um gleich das neue Geld in den Händen zu haben. Es war fast wie 1948, aber damals gab es die 40 Mark umsonst, während wir diesmal ohne Gewinn oder Verlust tauschen mussten.

Man hört aus Europa, dass die Euroeinführung nirgendwo so problemlos und ohne jede Schwierigkeiten und Konflikte gelaufen wäre wie eben in Deutschland. Das überrascht uns natürlich nicht.

Einerseits haben wir die Bundesbank. Diese Institution ist nach dem Vatikan die diskreteste, die effizienteste und die heiligste, die es überhaupt in der Welt gibt. Der Hauptkassier der Bundesbank obgleich sehr hoher Beamter heißt er tatsächlich so hat seit Jahren diese Aktion mit Banken, Verbänden, mit dem Staat und vielen anderen Institutionen vorbereitet, um jeden Fehler zu vermeiden. Da wurden nicht nur Kommissionen gegründet – bekanntlich die beste Art, Probleme nicht zu lösen -sondern vor allem unendlich viel Planspiele, Simulationen, Diskussionen, Konferenzen durchgeführt.

Andererseits haben die Deutschen natürlich die größte Erfahrung mit Währungsumstellungen. Seit 100 Jahren haben wir inzwischen das fünfte Geld, die fünfte Währung – wenn man kommunales und anderes Notgeld dazuzählte, wären es sehr viel mehr. Die Pforzheimer haben aber über die vielen Generationen hinweg noch sehr viel mehr Erfahrungen mit unterschiedlichem Geld gemacht, aber man kann auch sagen, die Sache mit dem Euro lief einfacher, als die meisten früheren.

Pforzheim und das liebe Geld. Das beginnt natürlich wie immer mit den Römern.

Aber eigentlich auch nicht. Das erste gefundene Münzgeld stammt von Kelten, das römischen Münzen nachgebildet wurde. Die Kelten waren damals mit den Römern verbündet und prägten die sogenannten Quinare zur Zeit von Julius Cäsar. Wie das Geld nach Pforzheim kam – es stammt vom Oberlauf der Loire – ist natürlich nicht bekannt. Umso klarer ist das bei den römischen Funden -dem Denar – aus der gleichen Zeit. Sie stammen von römischen Offizieren und Legionären.

Ein Denar, geprägt 49/48 v. Chr., ist für Pforzheim überliefert. Auf der Vorderseite trägt er den Kopf Apolls, auf der Rückseite Herkuleskeule und Löwenfell. Beim Bau der Altstädter Brücke beim Städtischen Krankenhaus im Jahr 1881 stieß man auf einen Denar und zwei bronzene As-Stücke aus der Epoche des Kaisers Augustus. Wie bei den anderen frühen Münzen in Einzelfundlage handelt es sich um verlorene, auf jeden Fall – wie der Münzhistoriker sagt – um verhandelte Exemplare, die über die Grenze der damaligen römischen Zivilisation durch Wirtschaftsaustausch gekommen waren.

Aber erst mit den Münzen Domitians, der von 81 bis 96 in Rom regierte, wird die Überlieferung römischer Münzen so dicht, dass sie sich mit dem archäologischen Befund deckt, dass Pforzheim – Portus – um 90 nach Christus als Etappenort an der Römerstraße von Ettlingen nach Cannstatt angelegt wurde, als das Gebiet rechts des Rheins von den Römern erobert worden war. Vor allem unter Kaiser Trajan (98-111) und später häufen sich die Funde römischer Denare in Portus/Pforzheim. Die spätrömischen Kaiser schließen dann mit ihren nur leicht versilberten, im Grunde aber bronzenen Antoninlanen das Fundbild ab.

In der jüngsten Bauphase eines kleinen Metallschmelzofens machten die Archäologen bei der Kappelhofgrabung, die von 1989 bis 1991 durchgeführt wurde, einen ungewöhnlichen Fund. Ein kleiner Münzschatz von acht Denaren war hier um 166 nach Christus versteckt worden, und zwar ein Münzschatz der besonderen Art: nur acht Münzen, jedoch keine einzige Münze doppelt. Durchweg gut erhalten, sind die jüngsten nahezu prägefrisch. Hier war offensichtlich ein Sammler am Werk. Also handelt es sich hier um einen Münzsammler im Pforzheimer Raum. Der Urvater der hiesigen Numismatiker.

Da der Wert der Münzen in der Antike nach dem Metallgewicht bemessen wurde, stellten die voll ausgeprägten, wenig gelaufenen Münzen jene mit dem höchsten Wert dar und wurden bevorzugt gesammelt. Typisch Pforzheim: Immer das Beste. Aber immer heimlich. Unser Münzsammler hielt seinen Schatz so geheim vor Freunden und Familie, dass er erst 1800 Jahre später gefunden wurde.

Die einzige römische Goldmünze auf Pforzheimer Gebiet ist ein Solidus um 350 n. Chr. aus der Münzstätte Trier, gefunden nach 1945 in einem Garten auf dem Wartberg. Das ganz Feine schon damals in der Hanglage. Ansonsten:
alle Einzelfunde, auch jene, die bis in die Zeit des 7. Jahrhunderts reichen, häufen sich im Umkreis der um 600 in den Ruinen des verlassenen Portus gegründeten Martinskirche in der Altstadt und dem Krankenhaus auf der Enzsüdseite, also gerade dort, wo die alte Römerstraße in einer Furt die Enz durchquerte.
Auch aus den Dörfern des alten Landkreises Pforzheim wurden zahlreiche römische Fundmünzen in Streulage festgestellt, so vor allem aus Dürrn, Ersingen, Mühlhausen an der Würm, Neuhausen und Nöttingen – komischerweise nichts aus Königsbach/Stein. Dann aber, vom ausgehenden 4. Jahrhundert an erscheint der Raum um Pforzheim für den Zeitraum von rund 600 Jahren so gut wie münzleer. Jeglicher Geldverkehr war im Zuge der alemannischen Landnahme zum Erliegen gekommen. Erst mit einem in Worms unter Kaiser Otto 111., der von 983 bis 1002 regierte, geprägten Denar, einem silbernen Pfennig, der einerseits ein Kreuz mit Bischofsstab und auf der anderen ein Kirchengebäude zeigt, tritt Pforzheim wieder in die erfahrbare Münzgeschichte ein.

Ein um das Jahr 1075 nahe bei Enzberg vergrabener kleiner Schatz von Denaren, die in Worms und Speyer geprägt worden waren und 1907 gefunden wurden, zeigt, dass Pforzheim jetzt Geld der Salier und vor allem aus Speyer und Worms hat. In den ersten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts – wir befinden uns am Übergang vom hohen zum späten Mittelalter und die planmäßig angelegte neue Stadt Pforzheim unter dem heutigen Schloßberg besteht bereits seit mehr als zwei Generationen – versiegt die Speyrer Münze mit den Denaren und wird von Osten her durch die Reichsmünze der Staufer zu Schwäbisch Hall mit ihrem Pfennig mit Hand und Kreuz und der Umschrift „Halla“, dem Heller, verdrängt. Hier also eine schleichende Währungsreform aus Hohenlohe. Der Heller dominiert jetzt. Mein Geburtsort wird zur Zentralbank des Reiches.

Gemach, Gemach: Pforzheim wird auch noch wichtig.

Der Besitzstand der Markgrafen von Baden, die spätestens mit Hermann V. um 1220 die Herren von Stadt und Markt Pforzheim geworden waren, war der Ausbreitung der Hellerwährung günstig. So müssen Altbadener einfach akzeptieren, dass ihre Urväter vor 800 Jahren klaglos schwäbisches Geld gemocht haben.

Das 14. Jahrhundert war für Pforzheim eine Zeit eines bemerkenswerten wirtschaftlichen Aufschwungs. Als Knotenpunkt für den Verkehr zu Lande und zu Wasser kamen der Stadt der Korn- und Weinbau, vor allem aber die Flößerei zu statten, die sie über Besigheim mit dem Neckar und durch ihn mit dem rheinischen Wirtschafts- -und Verkehrsgebiet verband. Natürlich belebte sich auch der Geldumlauf Geld folgt der Wirtschaft, nicht umgekehrt lernen wir hier.

Zu Anfang der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts brachte ein Pforzheimer Fabrikant einen Schatzfund, der bei Bauarbeiten gefunden wurde und aus einer Menge zusammengebackener Kleinsilberrnünzen bestand, in eine Scheideanstalt. Bei der Sichtung des Fundes ergab sich, dass der Klumpen aus 310 Hellern und 150 Pfennigen Würzburger Schlages bestand. Wiederum: Unsere Pforzheimer bunkern gerne, schon seit dem 14. Jahrhundert.

Dieser Münzfund enthielt noch keine Münzen, die man den Markgrafen von Baden hätte zuschreiben können. Dennoch, andere Münzfunde aus dem Schwarzwald, Bayern und der Schweiz wiesen Heller auf, die sich durch den aufgeprägten Schrägbalkenschild als badische Heller des späten 14. Jahrhunderts ausweisen. Dass dafür als Münzort nur Pforzheim in Betracht kommt, steht außer Frage; nicht nur, weil der Rang der Stadt als Residenz und Wirtschaftszentrum der Markgrafschaft dafür spricht, sondern auch die Lage der Stadt im Hellergebiet. Jetzt sind Pforzheim und das Geld in eine neue Dimension gewachsen.
Eine Münzstätte in Pforzheim wurde mit Regierungsantritt Markgraf Bernhards eröffnet. Die Belehnungsurkunde vom 16. Juli 1382 ist erhalten und nennt unter den markgräflichen Herrschaftsrechten erstmals auch das Münzrecht.
Aber die Sache hat einen Haken: Die erste Nachricht über Hellerprägungen Markgraf Bernhards verdanken wir einer Konstanzer Notiz zum Münzgesetz König Wenzels vom 16. Juli 1385, in dem die „böse“, d. h. die schlechte Hellermünze verboten wird. Da heißt es: „Daz sind die Fürsten und Herren, die die bösen Heller slahen [schlagen]: Primo herzog Lewpolt von Osterreich, Graf Eberhart von Wirternberg, Graf Rudolf von Hachberg, Markgraf Bernhard von Baden, Graf Hanse von Habsburg, Junkherre Henman von Krenckingen“. Böse Heller waren nach Ansicht des Königs illegales Geld. Ob das den Pforzheimer Markgrafen sehr beeindruckt hat, ist fraglich. So ist es, wie es manchmal in der Geschichte ist, der Fortschritt entsteht am Rande der Legalität.

Wo ein Weg ist, ist auch ein Ausweg. Markgraf Bernhard suchte den Anschluss an die oberrheinische Pfennigmünze, wie sie von Straßburg ausging und in der Kurpfalz nachgeahmt worden war. Man ging daher in Pforzheim daran, Silberpfennige mit badischem Wappenschild im Perlkreis zu prägen, die denen von Straßburg, Speyer und aus der Kurpfalz ähnlich waren. Hier haben wir jetzt einen ersten Fall einer Währungsschlange, ähnlich der Vorgängerin des Euros, der Währungsschlange von 1973. Um ihren Pfennigen neben der äußeren Ähnlichkeit auch den gleichen inneren Gehalt zu geben, schlossen Kurfürst Ruprecht von der Pfalz, seit 1400 auch deutscher König, Bischof Raban von Speyer und Markgraf Bernhard von Baden am 12. Juni 1409 in Heidelberg einen Münzvertrag.
Die Fürsten versprachen darin, von nun an nur gute und vollwertige Silbermünzen auszuprägen Die Laufzeit des Vertrages war auf zehn Jahre festgelegt.
Die dem Vertrag entsprechenden badischen Pfennige sind schüsselförmig gebogen und weisen neben dem badischen Schrägbalkenschild im Perlkreis auch erstmals einen Hinweis auf den Münzherrn und den Prägeort auf mit den dargestellten Buchstaben BP für „Bernhard Pforzheim“. Die „markgräflichen Pfennige“ waren geboren und Pforzheim offiziell eine geachtete Münze. Wer hätte das gewusst, Pforzheim als wichtige Stätte des Geldwesens. 1410 wurde der Münzvertrag jedoch nicht verlängert und Markgraf Bernhard ging zur Prägung von Lilienpfennigen nach Straßburger Art mit Buchstaben oder Wappen als Beizeichen über.

Die Pforzheimer Münze stand damals unter der Leitung des Münzmeisters Jakob Bröglin. Wie es gehört, blieb er nicht auf einem Bein stehen. Das Münzgeschäft hat er als Geschäftsmann im großen Stil im Verlagssystem als Münzpächter und Unternehmer betrieben. Bröglin war also bereits ein markanter Vertreter des Frühkapitalismus. Er machte Karriere. Von Kaiser Sigismund, der 1418 auf der Burg Hohenbaden und in Pforzheim Markgraf Bernhards Gast war, wurde er am 5. August für fünf Jahre zum Münzmeister der beiden Reichsmünzstätten Frankfurt am Main und Nördlingen bestellt. Bröglin hatte dem Kaiser die enorme Summe von über 3000 Gulden vorgestreckt und sich damit die Anwartschaft auf das einträgliche Münzgeschäft gesichert. Ein kleiner Pforzheimer Fugger also, den niemand kennt.

Leider war die Münzherrschaft in Folge politischer Dummheit bald – 1462 – beendet. Markgraf Karl der Krieger überantwortete Pforzheim nach einem verlorenen Krieg der pfälzischen Lehnshoheit. Baden-Baden nahm Pforzheim nicht nur die politische, sondern auch die geldliche Bedeutung.

Nach der Landesteilung von 1533 wurde Pforzheim nochmals alleinige Residenz und damit wiederum Münze unter Markgraf Ernst, der 1553 starb. Sein Sohn Karl 11. verlegte die Residenz nach Einführung der Reformation nach Durlach und nahm nicht nur Reuchlins Bücher, sondern auch 1565 die Münze mit.
Wieder Gemach – Pforzheim ist zäh.

Markgraf Georg Friedrich, einer der Gründer der protestantischen Union, war als frommer Fürst und Landesvater darauf bedacht, sein kleines Staatsgebilde durch organisatorische Maßnahmen zu festigen. Höchst bemerkenswert ist die Einrichtung einer staatlichen Wechselbank, einer der frühesten ihrer Art in Europa, begründet auf den Fonds der Waisengelder und mitgarantiert durch die Landstände. So wurden ab 1609, gleichsam als Auftakt politischer Kraftentfaltung, in Pforzheim wieder Münzen geschlagen. Wir sehen, auch eine Pforzheimer Eigenschaft, Frömmigkeit und Geschäftstüchtigkeit gehen an der Enz und der Nagold gut zusammen.

Am 22. August 1609 kamen die ersten Prägungen heraus, sie galten bei der Münz-Kontrollbehörde des Reiches als „marggrafische badische-carolsprugische“ Münzen, nach der Karlsburg als Residenz in Durlach. Gemünzt wurden Goldgulden und Reichstaler, 1610 auch Pfennige. Jedoch wurden die Pfennige rasch als zu leicht erkannt. Denn bei 168 Stück auf den Gulden ergab sich bei 100 Gulden Nennwert ein Fehlbetrag von über 32 Gulden! Also rund einem Drittel. Die badischen Pfennige wurden daraufhin im Fränkischen Kreis verboten, sie dienten trotzdem als „Landmünzen“, d. h. als interne Währung in der badischen Markgrafschaft. Betrugsversuche gab es in Pforzheim also schon im 17. Jahrhundert, aber intelligenterweise konzentrierten sie sich auf das flüchtige Geld und nicht auf Immobilien.

Die Pforzheimer Münze lag über zehn Jahre lang brach, bis der Ausbruch des 30jährigen Krieges große finanzielle Kraftanstrengungen erforderte. Der Mangel an Prägesilber trieb die Preise in die Höhe. Gute Sorten wurden eingeschmolzen, und die neuen Münzen wurden weit verschlechtert ausgeprägt. Die Zeit der Kipper und Wipper war angebrochen, jene Inflationsjahre, die ihren Namen davon haben, dass die schweren und guthaltigen Münzen aus dem Verkehr gezogen, nämlich von der Waage gekippt und umgemünzt wurden. Noch bemühte sich Markgraf Georg Friedrich, die Ausfuhr guten Silbers sowie die Einfuhr schlechten Geldes zu verhindern und prägte an zwei Münzstätten, darunter Pforzheim, seit 1621 noch relativ gutes Geld.

Aber dann frisst der Krieg jedes gute Geld auf . Leider hat man die Lehre aus dem 17. Jahrhundert nicht gelernt. Jeder Krieg führt zur Inflation, jede Inflation zerstört das Geld. Die Vernichtung des Geldwertes führt zur Massenarmut. Ich denke, mit dem Euro haben wir diese Lektion gelernt. Irgendwo ist der Euro eine unendlich späte Reaktion auf eine frühe Erfahrung.

Als 1630 Gustav Adolf mit seinen schwedischen Söldern sich der protestantischen Sache annahm, warb Markgraf Friedrich V. selbst Truppen, um nun auch aktiv in den Krieg einzutreten. Dazu brauchte er Geld und so ließ er im Herbst 1632 die Eichmühle am Eichmühlgraben – unweit der Stadthalle, in der wir uns heute befinden – zu einem Münz- und wasserkraftbetriebenem Walzwerk herrichten. Aber das ging nur zwei Jahre. Das Jahr 1634 bedeutet das Ende jeglicher Münzprägung in Pforzheim auf eine lange Zeit.

Eine Plage folgt der anderen. Pforzheim bleibt schon im 17. Jahrhundert von Betrügern nicht verschont. Nach 1660 trieb in Pforzheim ein Falschmünzer sein Unwesen. Er gab sich als Handwerksgeselle des Mühlamtes aus und brachte gefälschte Halbbatzen und Kreuzer in solchen Mengen in Umlauf, dass die markgräfliche Verwaltung eine ganze Fälscherbande am Werk wähnte. Hoffentlich ist unser neuer Euro sicher. Wenn nicht, bitte Fälscher, bleibt außerhalb von Pforzheim.

1690, zur Zeit des Pfälzischen Erbfolgekrieges, Pforzheim war zu diesem Zeitpunkt bereits einmal zerstört worden, startete Markgraf Friedrich Magnus einen neuen Anlauf. Er verpflichtete sich, ein neues Münzgebäude zu erstellen. Aber er fand keines. Dann brannte Mdlac die Stadt 1692 nieder. Das gemünzte Geld – flüchtig wie es ist – verließ Pforzheim für immer. Durlach – das ummauert war -wurde der sichere Hafen. Der Trostpreis war, dass Pforzheimer Goldschmiede kontrollierten, ob der Münzwert stimmte. Die Pforzheimer achteten darauf, dass geeignete Personen zur Verfügung standen. Oberster „Controller“ – um einen heutigen Begriff zu verwenden -war der Sohn eines Bürgermeisters – Ernst Christian Steinhäußer. Also: Die Aufsicht über das Geldwesen -sozusagen eine Teilfunktion der Europäischen Zentralbank – lag in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts fest in Pforzheimer Hand. Ein Schwermutstropfen bleibt: Unser Pforzheimer arbeitete in Durlach.

Übrigens gab es Ende des 18. Jahrhunderts eine kleine Revolution. Die Frau Oberbürgermeisterin wird von ihr mit Freude hören. Der Münzmeister Vierordt – auch Pforzheimer – verstarb recht schnell nach seiner Bestellung. Das ist kein Grund zur Freude. Aber seine tüchtige Witwe legte Markgraf Carl Friedrich mit bewegenden Worten ihre Not dar, verwies klug auf die wertvolle Einrichtung der Kontrolleurgerätschaften und bat dringend, ihr zu gestatten, die Kontrolle weiterhin auszuüben. Und ihr gelang das Unmögliche, – sie folgte ihrem Mann nach und stand nun im fürstlichen Beamtenverhältnis. Den Anfeindungen von Seiten der Fabrik-Entrepreneurs wie des Oberamtes – der Obervogt Wielandt hatte geunkt, sie sei zwar ihrer Aufgabe gewachsen, doch es sei eben dem Ansehen der Industrie kaum förderlich, wenn eine Frau das wichtige Edelmetallkontrollamt ausübe – wusste sich Katharina, die „Vierordt Wittib“, mit Erfolg zu erwehren. Und so kam es, dass ihr Sohn ihr nachfolgte. Und erst nach dessen Tod 1820 kam das Amt in andere Hände.

Heutzutage werden wir das vielleicht ohne Erbfolge machen, aber den frühen Erfolg der Emanzipation sollten wir in diesem Männerkreis doch erwähnen.

Pforzheim und das liebe Geld hatte natürlich auch eine handwerkliche Seite. Die Fähigkeit mit Metall, zumal Edelmetall umzugehen hat manche technischen Aufträge nach Pforzheim gebracht, die mit Geld zu tun hatten. Ein Pforzheimer – Ludwig Kachel – wirkte als Berater der badischen Regierung an allen Konferenzen innerhalb des Deutschen Bundes mit, in dem das zersplitterte Münzwesen schrittweise der Einheit zugeführt wurde. Als Künstler und Wegbereiter deutscher Münzeinheit durfte er, Krönung seines Lebenswerkes, in der von ihm unter drei Großherzögen musterhaft geleiteten Münzstäte die ersten Münzen des neuen deutschen Kaiserreichs mit ausprägen helfen.

Jetzt kommen wir dem Euro näher und näher.

Hatten seit 2000 Jahren die Münzen als Zahlungsmittel etwa den Wert gehabt, den sie in Metall darstellten, so wich der moderne Industrie- und Handelsstaat immer deutlicher von dieser Metallwährung ab. Die Kaufkraft der Münze wurde dafür auf den ihr gesetzlich beigelegten Nominalwert gegründet. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren im Großherzogtum Baden – und damit auch in Pforzheim – Münzen aller Herren Länder von recht unterschiedlichem Wert bei uns im Verkehr. Mit den Münzkonventionen von 1837 und 1857 suchte man, Ordnung im Geldwesen zu schaffen, ohne dass jedoch ein einheitliches System für alle deutschen Länder erreicht werden konnte. Wir hatten ein Währungschaos, dass dasjenige vor dem Euro weit überstieg. Für die damals schon europäisch orientierte Pforzheimer Gold- und Schmuckindustrie war das natürlich hinderlich.

So bildeten etwa 1868, im Gründungsjahr des Pforzheimer Vorschussvereins, der Keimzelle der heutigen Volksbank, Gulden und Kreuzer die Währung im Großherzogtum. Sechzig Kreuzer waren ein Gulden. Im Umlauf waren aber auch silberne Vereinstaler zu eindreiviertel Gulden und silberne Doppeltaler zu dreieinhalb Gulden. Ferner gab die Doppel-, Halb- und Viertelsgulden, alles Silbermünzen, wie die zu sechs und zu drei Kreuzer, während die Einkreuzer- und die Halbkreuzerstücke Kupferprägungen waren. Wer sich heute über die Schwierigkeiten der Euro-Einführung beklagt, sollte gewahr sein, welche Probleme unsere Ahnen hatten.

Welche Unterschiede zu den Münzen in anderen deutschen Ländern bestanden und bei dem uns heute wirr erscheinenden Durcheinander von Geldstücken in der Börse des Bürgers und in der Kassette des Kaufmanns zu beachten waren, liest man etwa im „Pforzheimer Beobachter“ vom 19. Januar 1870 am Beispiel des Sechsers: „Die badischen Sechser haben einen Feingehalt von 5 Loth und 6 Gran, auf ein Köln Mark fein Silber gehen 270 Stück. Der Wert eines Stückes im 24 1/2 Gulden Fuß ist 5 Kreuzer 1 8/10 Pfennig. Die österreichischen haben einen Feingehalt von 7 Loth, auf eine Mark gehen 240 Stück, Wert 6 Kreuzer 5110 Pfennig. Die preußischen Silbergroschen haben einen Feingehalt von 3 Loth 10 Gran, auf eine Mark gehen 480 Stück, also gerade noch einmal so viel als österreichichse Sechser, Wert
3 Kreuzer 2/10 Pfennig.“ Haben Sie es verstanden?

So, wie wir uns jetzt im zunehmend vereinigten Europa, im Europa der Reisen für nahezu alle Bevölkerungskreise nach Einheitlichkeit des Geldwesens sehnten, so wollten die Entrepreneurs des 19. Jahrhunderts endlich Übersichtlichkeit.

Nach der Reichsgründung 1871 wurde das deutsche Münzwesen einheitlich geregelt und auf die Währung „Mark“ ausgerichtet. Durch Gesetz vom 9. Juni 1873 wurde die Mark zu hundert Pfennig als Rechnungseinheit für das ganze Deutsche Reich bestimmt. Im Jahr 1875 trat dann die Reichsgoldwährung effektiv an die Stelle der einzelnen auf Silber basierenden Landeswährungen. Ab dem 1. Januar 1876 wurde endgültig nur mehr in Mark und Pfennig gerechnet. Und das haben wir am Dienstag abgeschafft.

Die neue Reichsgoldwährung beruhte auf dem Zehnmarkstück, Krone genannt, und auf der Doppelkrone zu zwanzig Mark. Als Reichsmünzen galten die Silberstücke zu fünf Mark, zwei Mark und einer Mark sowie die Münzen zu fünfzig und 20 Pfennig. Daneben gab es Nickelmünzen zu zehn und fünf Pfennig und Kupfermünzen zu zwei und einem Pfennig. Das Münzbild war bei den Kleinmünzen einheitlich gestaltet. Bei den Werten über einer Mark jedoch war auf der Vorderseite das Bildnis des jeweiligen Landesherrn eingeprägt, während die Rückseite durchweg den Reichsadler aufwies. Damals hat man offenbar einen Gedanken entwickelt, der beim Euro auch eine Rolle spielt.

Die Münze in Karlsruhe, die nun für das Reich zu prägen hatte, erhielt die Münzziffer 6, die sie noch heute als Zeichen benützt.

Schwieriger als die Reform des Münzgeldes erwies sich nach der Reichseinheit von 1871 die Umstellung beim Papiergeld. Zuvor kursierten Guldenscheine aus zwanzig Bundesstaaten sowie Noten von 33 privaten Banken und drei Körperschaften. Zunächst wurden die kleinen Noten außer Kurs gesetzt. Das von den Bundesstaaten ausgegebene Papiergeld sowie alle nicht auf Reichswährung lautenden Noten unter 100 Mark verfielen bis zum 1. Januar 1876 der Einziehung. Die Reichsschuldenverwaltung hatte zwei Jahre zuvor Reichskassenscheine zu 5, 20 und 50 Mark drucken lassen. Das Bankgesetz von 1875 sah die Errichtung einer Reichsbank vor, die später außer den Kassenscheinen Banknoten zu 20, 50, 100 und sogar 1000 Mark in Umlauf brachte. Jedoch spielte das Papiergeld im Zahlungsmittelumlauf bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges eine untergeordnete Rolle. Nur Goldmünzen und bis 1907 auch Silbertaler waren unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel. Banknoten dienten nur als sogenannte Goldsurrogate, die jederzeit und in jedem Betrag von der Reichsbank in Goldmünzen oder Taler umgetauscht werden mussten.

Kaum 50 Jahre war die Goldwährung alt, als sie durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges erschüttert wurde. Am Nachmittag des 31. Juli 1914, als der Zustand drohender Kriegsgefahr erklärt wurde, stellte die Reichsbank den Umtausch von Banknoten in Gold ein. Natürlich wurden unsere Pforzheimer furchtbar nervös und begannen zu horten. Mancher hier im Saal hat das Ergebnis dieser Ängste noch im Wohnzimmerschrank.

Jetzt beginnt ein neuer Abschnitt der Pforzheimer Währungsgeschichte. In Pforzheim führte der Mangel an Kleingeld im Herbst 1917 zu dem Beschluss des Stadtrates, 200 000 Geldscheine zu fünfzig Pfennig bei der angesehenen Pforzheimer Druckerei Berggötz in Auftrag zu geben und außerdem bei der Prägeanstalt B. H. Mayer 200 000 eiserne Zehnpfennigstücke herstellen zu lassen. Diese Notgeldmünzen mussten nach Größe und Gewicht auch für die städtischen Gasautomaten tauglich sein. Im Aussehen waren sie der Reichsmünze sehr ähnlich und wurden deshalb auf Reisen viel nach auswärts in Umlauf gebracht, während normalerweise fremdes Stadtgeld nirgends angenommen wurde. Das Internet bringt es zutage. Die Pforzheimer Notgeldmünzen des Ersten Weltkriegs stoßen heute noch im In- und Ausland auf Interesse.
Im Jahre 1918 wurden durch die Stadt Pforzheim weitere 200 000 solcher eiserner Zehner in Verkehr gebracht, dazu je 200 000 Scheine zu 50 und zu 25 Pfennig.

Dann überschlug sich der Umlauf von Tausenden, Millionen und schließlich Milliarden. Am Anfang bemühte man sich in Pforzheim, der kunsthandwerklichen Tradition verpflichtet, um eine künstlerische Gestaltung der Noten.

Je hektischer die Geldentwertung seit Frühsommer 1923 voranschritt, desto weniger künstlerischen Schmuck konnte und wollte man den mit immer mehr Nullen bedruckten Notgeldscheinen mit auf den Weg geben. Zuletzt reichte es nur noch für den Überdruck mit der gerade aktuellen Zahl. Ein Schein über 100 000 000 000 Mark hundert Milliarden Mark, eine Eins mit 11 Nullen war der höchste Wert, den man in Pforzheim auf dem Höhepunkt der Hyperinflation ausgegeben hat.

Die künstlerische Gestaltung war natürlich das kleinere Problem. Die Not und Armut der Besitzlosen war das zentrale Problem. Auch in dieser Inflation gilt, was in allen Inflationen gilt. Wer hat, der hat und wird vielleicht sogar reicher. Wer aber keine Sachwerte besitzt, geht unter.

Als die Geldentwertung 1923 ihrem Höhepunkt zustrebte, gab die Pforzheimer Handelskammer unter dem damaligen Präsidenten – und Singer Emil Kollmar – ein wertbeständiges Notgeld heraus, im Volksmund „Kollmar- Dollar“ genannt, denn es fußte auf dem Dollarkurs. Sechs unterschiedliche Werte zwischen 10 V2 Goldpfennig und 4,20 Goldmark wurden gedruckt und im Gesamtumfang von 2,1 Millionen Goldmark in Umlauf gesetzt. Zur Deckung dienten Devisen aus den Exporterlösen der Pforzheimer Schmuckfabriken. Die der Handelskammer angeschlossenen Firmen konnten mit diesem Notgeld ein Viertel der Gehälter und Löhne ausbezahlen. Pforzheimer Unternehmer hatten eine kreative Alternative entwickelt, die natürlich keine Antwort auf Dauer war.

Die Regierung Stresemann suchte den Ausweg aus der Inflation durch die Gründung der Deutschen Rentenbank am 15. Oktober 1923, die einen Monat später mit der Ausgabe der Rentenmark begann: Eine Rentenmark gleich eine Billion Papiermark, so lautete der Kurs. Allmählich setzte sich das Vertrauen in die neue Währung durch.

Dann kam die Nazizeit. Schon bald wurde Schritt für Schritt die Kriegsfinanzierung vorbereitet. So kamen 1939 Aluminiummünzen zu 50 Pfennig in Umlauf, die bereits 1935 auf Vorrat geprägt worden waren. Die 1-, 5- und 10-Pfennig-Münzen wurden nun aus einer Zinklegierung ausgeprägt. Im Jahr 1943 wurden Reichsbanknoten zu 5 Mark mit Datum vom 1. August 1942 ausgegeben. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde wiederum der Druck von Notgeld erforderlich, der den Ländern und Gemeinden überlassen wurde.

Der Zusammenbruch des Nationalsozialismus 1945 hinterließ ein Chaos auch im Geldwesen. Der Umlauf an Reichsbanknoten im ehemaligen Großdeutschen Reich wurde auf über 300 Milliarden Mark geschätzt; dieser riesigen Geldmenge stand kaum noch ein nennenswertes Angebot an Gütern gegenüber. Neben Bezugsscheinen, Zuteilungen und Realtausch hatten die Geldscheine in vieler Hinsicht nur mehr eine Hilfsfunktion. Die Besatzungsmächte gaben verschiedenes Papiergeld von 50 Pfennig aufwärts aus und ließen auch Münzen zu 1, 5 und 10 Pfennig prägen. Wieder wurde Geld gehortet. Dem Einzelhandel fehlte es an Wechselgeld; vielfach mussten Briefmarken, Kassenbons und Rabattmarken dem Mangel abhelfen. Immer mehr verlor in den Nachkriegsjahren das Geld seinen Wertcharakter und wurde durch die Zigarettenwährung ersetzt. In Pforzheim galt naheliegenderweise die Armbanduhr als Währungseinheit. Mit Geld konnte man kaum etwas mehr kaufen. Viele der hier Anwesenden haben diese Zeit noch selbst erlebt. Es wiederholte sich nichts, was nicht schon nach dem 1. Weltkrieg geschah. Arme wurden noch ärmer, es gab Schiebereien und wieder viel Schwarzhandel. Es gab Neureiche und eine Verarmung großer Gruppen der Bevölkerung. Und natürlich wurden Waren und Devisen gebunkert.

Die beiden Inflationen haben sich tief in das Bewusstsein und das Unterbewusstsein der Bevölkerung eingegraben. Fortan konnte kein Politiker auftreten, der es mit dem Geldwert nicht ernstnahm. Die Bundesbank, die aus der Bank Deutscher Länder hervorging und strikt auf Stabilität orientiert wurde, bekam allmählich eine Reputation, die sie aus öffentlicher Kritik heraushob.

Deshalb taten sich die Deutschen auch besonders schwer, als 50 Jahre später in diesen Tagen der Abschied in Richtung Euro fällig war.

Die Währungsreform, die an der Wiege des neuen deutschen Staatswesens stand, hatte das Geldwesen auf sichere Fundamente gesetzt und schaffte das Entscheidende, das Vertrauen der Bürger in die Währung, das seit 1914 bitter enttäuscht worden war, neu zu gründen. Am 1. März 1948 wurde durch Gesetzte der Militärregierungen der Tri-Zone die Bank Deutscher Länder errichtet. Am 20. Juni 1948 folgten die Gesetze zur Einführung der neuen Währung. In wenigen Tagen wurden alte Reichsbanknoten im Betrag von 118 Milliarden aus dem Verkehr gezogen. Die neue Rechnungseinheit ab dem 21. Juni 1948 war die Deutsche Mark. Natürlich habe ich Vater und Mutter begleitet, als sie die zweimal 40 Mark abholten. Ich habe noch in Erinnerung, mit welcher Andacht und Hoffnung die Papiere betrachtet wurden. Diese Hoffnungen sollten sich erfüllen in Pforzheim und anderswo in der alten Bundesrepublik.

Die Deutsche Bundesbank, die 1957 als Nachfolgerin der Bank Deutscher Länder errichtet wurde, die seit 1950 weiterhin für die Banknoten zuständig geblieben war, stellte sich gleich zu Anfang die Aufgabe, eine neue Banknotenserie herauszugeben. Das Vorhaben wurde gründlich geplant, um einen einheitlichen Charakter in den verschiedenen Wertstufen zu schaffen. Kopfbildnisse aus alten Gemälden des deutschen Kulturkreises, vor allem der Renaissance, wurden als Vorlagen für die Hauptmotive der neuen Serie ausgewählt. Man blieb bei den Grundfarben grün für die Scheine zu 5 und 20 Mark, blau für die 10er und 100er, braun für die 50er und erstmals wieder 1000er (die es in der DDR bereits seit 1948 wieder gab). Für die neuzuschaffende Note zu 500 Mark wurde ein roter Farbton gewählt. 1960 schließlich waren alle Vorarbeiten abgeschlossen und jene Serie erschien, die bis Anfang der 90er Jahre unsere Vorstellung der DM prägte. Übrigens, und das ist außerordentlich wichtig, die Euroeinführung hat viel mehr mit diesem Vorgang 1957 zu tun, als mit den Währungsreformen 1923 und 1948. Denn der Wert des Geldes wurde völlig erhalten und verloren hat keiner.

Über die DM ist das Urteil gesprochen. Sie war ein Erfolg. Im Verlauf der Geschichte wurde die DM zum Symbol des Nachkriegsdeutschlands überhöht. Ich habe meine Zweifel, ob die Bedeutung und Eigenart der Bonner und jetzt der Berliner Republik mit der Währung – mit der Mark -hinreichend beschrieben ist. Aber sicher ist die Preisstabilität und die – international gesehen -unglaubliche Werthaltigkeit der DM ein, aber nur ein Element des Erfolgs der zweiten Demokratie der Deutschen.

Das Urteil über die Wächterin der Währung – die Deutsche Bundesbank – muss künftiger Bewertung unterliegen. Natürlich war vieles gut, wenn nicht perfekt, sonst hätte die DM nicht die Rolle nach Innen und Außen gespielt.

Aber es ist kein Geheimnis, dass ich zuweilen die Bundesbank kritisiert habe. Nicht jeder hat sich das getraut. Meines Erachtens hat die Deutsche Bundesbank bei beiden Ölpreiskrisen 1973/74 und 1980/81 zu stark auf die Zins- und Geldmengenbremse getreten und damit zur Arbeitslosigkeit beigetragen. Preisstrukturänderungen sind keine Inflation, sondern verlangen gerade, dass man sie akzeptiert. Wir sollten gerade Energie sparen und das geschieht natürlich, wenn die Preise für Öl und seine Produkte steigen.

Eine zweite Kritik. Die Wiedervereinigung ist zu großzügig durch die DM-Einführung finanziert worden. Meines Erachtens hätte die Deutsche Bundesbank härter dafür kämpfen müssen, dass die Einheit nicht durch Schulden, sondern durch normale Staatseinnahmen finanziert worden wäre.
Natürlich hat die Bundesbank dann gegengesteuert. Sie verknappte die Geldmenge und erhöhte die Zinsen. Sie wollte die Inflation aus dem Eingangsboom im Ansatz verhindern. So weit so gut. Aber unsere Nachbarn – vor allem Frankreich – waren in einer schwächeren Wirtschaftsphase und rutschten wegen des Zinszusammenhangs in eine Abschwächung der Konjunktur.

Spätestens Anfang der neunziger Jahre war klar, dass die wechselseitige wirtschaftliche Verflechtung der realen Wirtschaft in der Europäischen Union so stark war, dass eine unabhängige Geld- und Währungspolitik zur Illusion geworden war. Es gab im Grunde zwei Alternativen: Entweder eine Währungsunion, mit dem was inzwischen Euro heißt, oder eine Führung und Dominanz der Deutschen Bundesbank mit der Leitwährung DM. Man muss sich klarmachen, dass inzwischen 70 % aller unserer Exporte in die EU gehen. Realwirtschaftlerisch sind wir dem Geld vorausgerannt.

Politisch wäre die Dominanz der Deutschen – zumal nach der Wiedervereinigung – ein Sprengsatz der EU geworden. Zwar hatten wir diese Rolle gegen Österreich und die Niederlande gespielt, aber gegen Frankreich, Italien und Spanien wäre das politisch undenkbar geworden. Es wäre das Geld in den Machtkonflikt geraten. So kam man auf europäische Währungsideen des früheren Luxemburger Ministerpräsidenten Pierre Werner, von Valerie Giscard d’Estaing und Helmut Schmidt, dem früheren Präsidenten der EU Jacques Delors und von Helmut Kohl und Francois Mitterand zurück. Ein komplizierter Willensbildungsprozess führte zum Ergebnis, dass wir diese Woche nun auch ein gemeinsames Geld in Europa erleben.

Wie sieht die Zukunft des Euro aus. Manche behaupten immer noch, die letzten Jahre hätten die Schwäche des Euro gezeigt. Inzwischen hätte der Euro um 20 % gegenüber dem Dollar abgewertet und hätte damit eine strukturelle Schwäche gezeigt.
Niemand hat dieses Argument gebracht, als die DM tatsächlich innerhalb eines Jahrzehnts zum Dollar zwischen DM 1,36 und DM 3,46 geschwankt hat. Also hatten wir zwischen DM und Dollar viel größere Schwankungen als jemals zwischen Euro und Dollar. Niemand hat damals vom DM-Schwäche gesprochen. Die leichte Abwertung des Euro in letzter Zeit hat natürlich einen simplen Grund, den zwar Analysten nicht verstehen, aber jeder Singer mit gesundem Menschenverstand. Die Anleger in Japan, USA und anderen Teilen der Welt waren an die DM gewöhnt, sie duzten sozusagen die Mark. Der Euro war neu und wurde gesiezt. Das ändert sich allmählich. Auf die Gefahr, dass ich in den nächsten Jahren kein Laible bekomme, ich wage die Prognose: Der Euro wird mittelfristig aufwerten.
Die EIB refinanziert sich weltweit, vor allem in Euro. Während es vor einem Jahr noch schwierig war, Euro zu platzieren, haben wir jetzt weltweit von Banken, Versicherungen und Konzernen zunehmend Nachfrage nach unseren Euro-Anleihen.

Ich glaube, Sie haben schon gemerkt, ich bin optimistisch. Pforzheim hat so viele Währungen überlebt, dass Sie sogar meine Prognosen überleben.

Aber am Schluss einer Rede soll man dann doch ganz, ganz ehrlich sein. Ich arbeite zur Zeit in allen Mitgliedsländern der Union. Dass ich künftig statt 14 Währungen nur noch 4 im Geldbeutel habe ist schön. Das britische Pfund bleibt, die dänische und schwedische Krone bleiben, aber sonst gibt es nur noch den Euro. Die anderen drei kommen spät, aber sie kommen sicherlich nicht zu spät, aber irgendwann.

Pforzheim und das liebe Geld. Natürlich ist die exportorientierte Pforzheimer Wirtschaft ein Gewinner der Währungsunion. Natürlich wird es die Pforzheimer, die wirklich gut im Elsaß essen, freuen, wenn sie kein Geld mehr wechseln müssen. Natürlich ist es gut, dass wir Preise vergleichen können und das billigste Angebot wählen können.

Aber eines bleibt, was der große George Bernhard Shaw -der sicherlich ein Anhänger des Euro gewesen wäre, schon um seine Landsleute zu ärgern – so unnachahmlich formuliert hat: „Geld ist nicht alles, aber viel Geld ist schon etwas.“

Das bleibt beim Euro richtig.

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