Bericht Matinee zur Stadtgeschichte
Sonntag, 05. Juli 2009

„Erbaut von Meisterhand, zerstört durch Unverstand …“
(Gedenkinschrift Hildaschule)

Geschichte und Architektur der Pforzheimer Schulen
mit
Kunsthistorikerin Christina Klittich M.A.

Die Schulgeschichte Pforzheims reicht vom Mittelalter bis in die Gegenwart.
Architektur und Einrichtung der Schulhäuser zeigen die Entwicklung und den Wandel der
Volksbildung. Im Laufe der Zeit wurden die Lehranstalten zur Selbstdarstellung der Städte
herangezogen. Sie dienten als Wahrzeichen des kommunalen Selbstbewußtseins und sollten
den Wohlstand der Gemeinde sichtbar machen.

Lateinschule (Pfarrgasse 18)

Die Pforzheimer Lateinschule war eine der berühmtesten Gelehrtenschulen Deutschlands.
An dieser Schule wurden so bedeutende Schüler wie Johannes Reuchlin und Philipp Melanchthon ausgebildet. Reuchlin sprach von der „(…) ungeheuren Zahl der dorther stammenden Gelehrten“ und rühmte seine Lehrer als „treffliche Gelehrte“. Die Lateinschule ging wohl aus der Dominikanerschule hervor. Im Jahre 1289 wurde erstmals ein Pforzheimer Schulmeister erwähnt, ein zweiter trat 1301
und 1302 in Erscheinung. Beide waren vermutlich Rektoren an der Klosterschule der Dominikaner,
die wohl kurz nach der Niederlassung des Ordens in Pforzheim um 1279 gegründet wurde.
Später ging die Schulträgerschaft auf den badischen Markgrafen über. 1447 befand sich die
Lateinschule nahe dem Schloßarreal, denn während der Fürstenhochzeit diente das geräumige Gebäude
als Küche. 1474/75 bestätigen zwei Urkunden die Lage der Schule an der Pfarrgasse 18.

Nach Einführung der Reformation 1556 in Pforzheim und der Aufhebung der Klöster wurde die Lateinschule ins ehemaligen Dominikanerkloster verlegt, doch schon zu diesem Zeitpunkt hatte die
Schule nicht mehr ihre alte Bedeutung. Nachdem das ehemalige Klostergebäude der Dominikaner
1692 im Orléan´schen Krieg zerstört wurde, musste die Lateinschule, 1718 in Pädagogium umbenannt,
mit verschiedenen Provisorien Vorlieb nehmen. Nach einigen Monaten im Schloss wurde ihr ein Haus
an der Schulstraße (1693-1720), später in der Stiftsstraße (1720-1731/32) und schließlich in der Pfarrgasse 16 zugewiesen.

1791 wurde das Pädagogium in das „Neue Schulhaus“ verlegt. Im Rahmen der Neuordnung des badischen Mittelschulwesens wurde 1839 dem Pädagogium eine lateinlose Höhere Bürgerschule angegliedert. In dieser Form bestand die Schule bis 1869. Dann wurde die Bürgerschule zum sechsklassigen Realgymnasium und 1880/81 das Pädagogium zum neunklassigen Vollgymnasium
erweitert.

Deutsche Schule

Die Deutsche Schule wurde eventuell zu Beginn des 16. Jahrhunderts gegründet, ihr Standort ist
allerdings unbekannt. Nach dem Umzug der Lateinschule ins säkularisierte Dominikanerkloster
bezog die Deutsche Schule 1565/66 das ehemalige Lateinschulgebäude an der Pfarrgasse 18.
Die Schule war getrennt in Knaben- und Mädchenschule. Der Unterricht umfasste Religion, Singen,
Lesen und Schreiben. Rechnen wurde zwar auch gelehrt, war aber kein obligatorisches Unterrichtsfach. Da zunächst nur im Winter Unterricht stattfand, waren die Lehrer gezwungen einen Nebenverdienst
zu haben.

1689 wurde das Schulhaus in der Pfarrgasse zerstört. Die Mädchenschule bezog das „Obere Bad“
beim Schossgatter, den Knaben war ein Bürgerhaus in der Nähe des Rathauses zugewiesen worden,
bis 1715 das Schulhaus in der Pfarrgasse wieder aufgebaut war.

Neues Schulhaus am Schulplatz (Reuchlinstr. 16 – heutige Trasse Deimlingstraße)


Schulplatz

1789/90 wurde im Garten des ehemaligen Dominikanerklosters ein neues Schulhaus erbaut, das viele Jahrzehnte sämtliche öffentliche Schulen der Stadt beherbergte. Das Gebäude wurde zum Teil mit
Steinen des alten Schlossturmes, der damals abgebrochen wurde, errichtet. Das ursprünglich zweigeschossige Gebäude wurde 1857 um ein Geschoss aufgestockt, um so dem Mangel an
Schulräumen abzuhelfen.

Neben der lutherischen Volksschule im Neuen Schulhaus gab es in Pforzheim eine Armenschule, die Waisenhausschule, eine Industrieschule für weibliche Handarbeit und eine reformierte Schule.
1812 wurde die katholische Schule am Markt gegründet und 1832 eine israelitische Schule in der alten Synagoge in der Metzgerstraße. Seit 1824 gab es die so genannte “Nachtschule“ (Fortbildungsschule)
und 1832 eröffnete in der Metzgerstraße die Winthersche Privatschule. Bis 1824 standen die
Volksschulen unter geistlicher Aufsicht, dann wurden sie dem neugegründeten Ortsschulrat unterstellt.
Den Pforzheimern ging diese Reform jedocht nicht weit genug. Sie wollten eine gemischte Schule.
Alle Kinder, ob evangelisch, katholisch oder jüdisch, sollten gemeinsam den Unterricht besuchen
können. Fast 1000 Unterschriften wurden gesammelt und zusammen mit einer Petition bei der Regierung eingereicht. 1870 hatten die Pforzheimer ihr Ziel erreicht und die Gemeinschaftsschule mit getrenntem Religionsunterricht wurde eingerichtet. In Baden wurden die Simultanschulen erst 6 Jahre später
gesetzlich eingeführt.

Altes Schulhaus Brötzingen


Altes Schulhaus Brötzingen – heute Teil des Pforzheimer Stadtmuseums

Bis ins 19. Jahrhundert lagen in kleineren Orten Kirche und Schulhaus meist nahe beieinander.
Auch in Brötzingen wurde das Schulhaus direkt neben der Kirche erstellt.

Mit der Einführung der allgemeinen Schulpflicht entstand der Bautyp der Volksschule.
Bereits 1840 gab es in Brötzingen 240 Schüler. Immer rascher entwickelte sich das Dorf zu einer Industriearbeitergemeinde. 1854 erhielt Brötzingen sein neues Schulhaus.

Der breitgelagerte zweigeschossige Putzbau erstreckt sich vor dem Turm der ehemaligen Pfarrkirche
St. Martin. Die Fassade zeigt eine Gliederung im Stil der Biedermeierzeit.
Das Schulhaus wurde 1888 nach Bau eines größeren Schulgebäudes zum Lehrerwohnhaus umgebaut
und ist heute Teil des Pforzheimer Stadtmuseums.

Im Stadtzentrum entstanden ab 1871 zahlreiche Schulbauten, die das Stadtbild neu formten
und mitprägten. Durch zahlreiche Schulneubauten wie Reuchlin-Gymnasium, Hildaschule,
Oberrealschule, Gewerbeschule, Kunstgewerbe- und Goldschmiedeschule wurde Pforzheim ab
Ende des 19. Jahrhunderts zum Ausbildungsort mit überregionalem Einzugsbereich.

Gewerbeschulen


Gewerbeschule

Das erste Gewerbeschulgebäude des Großherzogtum Badens entstand zwischen 1872 und
1876 in Pforzheim.

Das 1876 fertiggestellt Schulhaus an der Jahnstraße war aus einem Architekturwettbewerb hervorgegangen, dem ersten in Pforzheim. Man legte Wert auf ein „würdiges Gebäude“ das eine „hervorragende Zierde“ der Stadt sein sollte. Der Bau im Stil eines Renaissancepalastes wurde sehr aufwändig gestaltet. Die Anlage entstand auf einem doppel-T-förmigen Grundriss, indem zwei Flügel
durch einen Zwischentrakt miteinander verbunden wurden.


Gewerbeschule mit Erweiterungsbau

Die Gewerbeschule sprengte den für Schulhäuser sonst üblichen Rahmen vor allem durch die
großzügige Anlage des Treppenhauses und der Gänge. Das repräsentative Gebäude war um einen
Lichthof mit Treppenhaus und Gängen gruppiert, die vielfältige Ausstellungsmöglichkeiten boten.

Als das Gebäude 1876 von der Gewerbeschule bezogen wurde, hatte man der Lehranstalt eine kunstgewerbliche Abteilung angegliedert, die ein Jahr später zur selbständigen Kunstgewerbeschule erhoben wurde. Beide Anstalten nutzten das Schulhaus bis 1892 gemeinsam. Danach bezog die Gewerbeschule ein neues Gebäude an der Inselstraße am Enzufer. Die dreigeschossige, 1892
eröffnete Gewerbeschule wies einen weitgehend konventionellen Grundriss auf. Das Gebäude
umfasste 12 Unterrichtsräume. Bereits 1913 erhielt die Gewerbeschule am Enzufer einen
Erweiterungsbau.

Nach Auszug der Kunstgewerbeschule und dem Kunstgewerbeverein 1912 diente das Gebäude
an der Jahnstraße der Goldschmiedeschule.


Goldschmiedeschule

Volksschulen

Bis Ende der 1850er Jahre waren alle Pforzheimer Schule in dem Schulhaus am Schulplatz vereint.

Allerdings war immer wieder der Mangel an Räumen für die Volksschule beklagt worden. Wegen der ständig wachsenden Schülerzahl suchte die Stadt stets weitere Klassenzimmer, wobei sie neben dem Feuerwehrhaus auch Gastwirtschaften als Unterrichtsräume nutzte. Die Verhältnisse waren jedoch untragbar, so dass der Bürgerausschuss 1874 den Bau eines neuen großen Volksschulgebäudes an
der Hohlstraße beschloss. Das 1876 fertiggestellte Schulhaus musste schon wenige Jahre später dem Gymnasium und der Realschule überlassen werden.

Als Ersatz entstand an der Enzstraße ein Schulhaus. Die Enzschule hatte auf zwei Geschossen je vier
Säle um einen Mittelgang mit Treppenhaus gruppiert.


Enzschule

Eine vergleichbare Aufteilung nach diesem Grundrisssystem erhielt die ebenfalls 1884 erbaute dreigeschossige Volksschule an der Calwerstraße. Die Schulhäuser an der Erbprinzenstraße von
1885 und 1891 sowie an der KF von 1889 wurden alle nach dem gleichen Muster erstellt. 1901
eröffnete ein weiteres Schulhaus an der Calwerstraße. Die Schulen waren benannt nach den
Straßen an denen sie lagen.


Erbprinzenschule

Ende Oktober 1899 konnte die Volksschule I an der Holzgartenstraße mit 24 Klassen provisorisch bezogen werden. Das viergeschossige Gebäude erhielt als erstes Volksschulgebäude in Pforzheim
eine Zentralheizung. Die Fassade griff Formen der italienischen Renaissance auf. Bereits 1904/05
entstand eine weitere Volksschule an der Holzgartenstraße, die Holzgartenschule II mit 22 Schulsälen,
in der nur Mädchen unterrichtet wurden.


Holzgartenschule

Mit dem Jugendstil kam eine pädagogische Reformbewegung auf. Turnhallen, Brausebäder,
Fachräume und gut belichtete Klassenzimmer wurden nun eingerichtet. Man suchte eine neue Schularchitektur und verließ die strenge Grundrisseinteilung zugunsten „malerischer“ Formen.
Dabei wurden asymmetrische Gebäude mit teilweise L-förmigen Grundrissen bevorzugt.
Ein Beispiel für den L-förmigen Grundriss war das Reuchlin-Gymnasium am Ufer der Enz.

Reuchlin-Gymnasium


Reuchlingymnasium

Für den Bau des Reuchlin-Gymnasiums stellte die Stadt ein repräsentatives am Enzufer gelegenes Grundstück als Bauplatz zur Verfügung. Die Pläne, der 1905 fertiggestellten Schule, stammten von Oberbaurat Heinrich Henz aus Karlsruhe.

Das Äußere war ganz dem malerischen Ideal der vor allem seit den 1880er Jahren im Schulhausbau beliebten deutschen Renaissance verpflichtet, wobei die leichte Asymmetrie in Grundriss und Fassadengestaltung ein besonderes Charakteristikum des Jugendstils war. Über das Fassadenbild
schrieb der Architekt: „Für das Äußere des Gebäudes haben wir die Form der Spätrenaissance
gewählt in einfacher Gestaltung (…)“.

Am Turm befand sich die Schuluhr. Der Turm sollte aber nicht nur als Platz für die Uhr dienen,
sondern darüberhinaus mit seinem Dachreiter eine malerische Silhouette erzielen.

Die künstlerische Ausgestaltung von Schulen erlangte im Reuchlin-Gymnasium einen opulenten
Höhepunkt. Das Reuchlin-Gymnasium gehörte zu den am reichsten geschmückten staatlichen
Schulhäusern Badens. Die neuen, vor allem die höheren Lehranstalten waren auf verschwenderische
Weise mit Wandmalereien, Bildhauerarbeiten und Farbverglasungen ausgestattet und sollten über
ihre eigentliche Funktion hinaus Wahrzeichen des kommunalen Selbstbewußtseins sein. So befanden
sich rechts und links des Hauptportals des Reuchlin-Gymnasiums neben reichem Ornamentschmuck Porträtmedaillons von Reuchlin und Melanchthon von dem Pforzheimer Bildhauer Adolf Sautter.
Im Hof stand ein Brunnen von Adolf Sautter mit der Bronzefigur eines Knabens.


Reuchlin-Hof

Im Innern verliehen gemalte Blumenkörbe am Deckengewölbe des Vestibüls, stukierte Blumenvasen
an den Türen und steinerne Prunkvasen im Treppenhaus mit Früchten und geflügelten Kinderköpfen geschmückt dem Gebäude ein freundliche Note. In jedem Stockwerk befanden sich Wandbrunnen
mit verschiedenen Fliesengemälden.

Die reichste malerische Ausstattung erhielt die Turnhalle, die auch als Festsaal diente. Die Felder der Kassettendecke waren mit aufwändigen Renaissanceornamenten bemalt, teilweise auch mit figürlichen Darstellungen.

Am 23. Februar 1945 wurde das Reuchlin-Gymnasium stark beschädigt und nicht wieder aufgebaut.

Oberrealschule – Friedrichschule


Oberrealschule

In direkter Nachbarschaft des Reuchlin-Gymnasiums befand sich die zwischen 1907 und 1911
nach Plänen des Stadtbaumeisters Alfred Roepert erstellte Oberrealschule.

Oberrealschulen waren neunklassige Schulen mit lateinlosem Lehrplan, deren Reifezeugnis zum
Studium der Mathematik und Naturwissenschaften an Universitäten sowie des Hochbau-, Bau-
ingenieurs- und Maschinenbaufachs berechtigte.

Am 28.7.1911 zur Einweihung des Baus erhielt die Oberrealschule in Andenken an den verstorbenen Großherzog den Namen „Friedrichschule“. Der Standort der Schule inspirierte den Schuldirektor
am Eröffnungstag zu symbolischen Deutungen: „Stolz ragt der Bau unter den Arbeitspalästen der
Stadt empor zur Bildung von Herz, Gemüt und Geist. Er ist auf einem idealen Platz, umflossen von
Licht und Klarheit erstellt, wie auch das Lehrziel der Schule in Licht und Klarheit bestehen soll.“

Die drei- bzw. viergeschossige Anlage „in modernen süddeutschen Barockformen“ wurde auf
bewegtem U-förmigen Grundriss erbaut. Im Nordflügel an der Zerrennerstraße war die Handelsschule untergebracht. Optischer Akzent der Oberrealschule bildete der markante Eckturm mit Satteldach
an der Südwest-Ecke. Unter dem Giebel befand sich eine Sonnenuhr und ein allegorisches Gemälde.

Das Gebäude der Oberrealschule wurde am 23. Februar 1945 schwer beschädigt und stark verändert wieder aufgebaut.

Osterfeldschule


Osterfeldschule


Singssaal der Osterfeldschule

Die Einwohnerzahlen von Pforzheim nahmen um 1900 weiter zu. Die ständig ansteigenden Schüler-
zahlen erforderten den Bau von neuen Schulhäusern. Die Schulhäuser wurden dabei immer größer,
da zum einen die Belegungszahlen der einzelnen Klassen gesenkt wurde, zum anderen spezielle
Räume wie Singsaal, Zeichensaal, Schulbad, Lehrmittelzimmer usw. eingerichtet wurden.

Nach der Eingemeindung Brötzingens im Januar 1905 konnte die Stadt ein geeignetes Grundstück
für einen Volksschulneubau in der Weststadt erwerben. Die Osterfeldschule wurde von 1905 bis
1907 nach Entwürfen des Stadtbaumeisters Alfons Kern im Stil der Neoranaissance errichtet.
Das Gebäude umschließt als Dreiflügelanlage einen Innenhof. Zur Osterfeldstraße hin bekrönten drei geschweifte Giebel über Risaliten die langgestreckte viergeschossige Front, der andere Flügel zeigte schlichte Dachtraufen. Die Mädchenabteilung befand sich im linken Flügel mit Mittelbau und die Knabenabteilung im rechten Flügel an der Osterfeldstraße.

Zur Entstehungszeit war das Osterfeld die größte und modernste Volksschule im Großherzogtum
Baden. Voller Stolz führte der Jahresbericht der Pforzheimer Schulen von 1907 an: „Mit der Osterfeldschule wurde ein in jeder Beziehung vorbildlicher Bau erstellt. Von dem imposanten Äußeren ganz abgesehen, bietet das Innere all das, was man von einer modernen Schule wohl erwarten kann.“
Das Gebäude bot Platz für rund 2.500 Kinder. Mit ihren insgesamt 62 Lehrsälen, darunter 49 Klassenzimmern, zwei Turnhallen, zahlreichen Fachräumen wie Kochschule, Industrieklasse, zwei
Bädern mit Auskleideräumen, Physik- und Zeichensäle sowie dem großen Singsaal im Obergeschoss setzte die Schule neue Maßstäbe. Das Schulhaus war streng getrennt in eine Mädchen- und eine Knabenabteilung mit separaten Eingängen und einem Zaun im Pausenhof.

In ihrer langen Geschichte erlebte die Osterfeldschule vielfältige Nutzungen. In den beiden Welt-
kriegen als Lazarett genutzt, zog 1945 das Rathaus in das wiederhergestellte Bauwerk und später
das Stadttheater. Erst 1975 wurde ein Teil des Gebäudes wieder als Schule genutzt.
Im ehemaligen Theaterbereich befindet sich heute das Kulturhaus Osterfeld.

Hildaschule / Hilda-Gymnasium


Hildaschule

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts bot für Mädchen das 1825 gegründete private Töchterinstitut die
einzige Möglichkeit eine höhere Bildung zu erwerben. Erst 1849 beschloss der Stadtrat eine
Töchterschule einzurichten als Anschluss an die Mädchenvolksschule. Da für die neue Schule im
Schulhaus am Schulplatz kein Platz war, wurde an der Ecke Rosenstraße / Gymnasiumstraße ein
Neubau erstellt. Das Schulhaus an der Rosenstraße erwies sich schon bald als zu eng. Die von der Regierung gegebenen Anregungen, die Töchterschule als Mittelschule auszubauen, wurde mit der Begründung „(…) dass Pforzheim für eine derartige Anstalt keine Bedarf habe (…) und die Sache
zuviel Geld koste (…)“ abgelehnt.

Erst Anfang des 20. Jahrhunderts erhielt Pforzheim eine städtische „Höhere Mädchenschule“.
Das Schulgebäude nach Plänen des städtischen Hochbauamts entstand in zwei Bauabschnitten.
Die erste Hälfte des Schulhauses nach Plänen von Stadtbaumeister Alfons Kern an der Ecke
Museum- und Kiehnlestraße wurde am 30. Juli 1908 eingeweiht. Die Lehranstalt erhielt den
Namen Hildaschule nach der damaligen badischen Großherzogin.

Der zweite Bauabschnitt mit der breitgelagerten, Arkaden gesäumten Eingangsfront nach Plänen
von Stadtbaumeister Alfred Roepert konnte am 27. März 1915 eröffnet werden. Die Hildaschule
vereinte Einflüsse der Neorenaissance mit Jugendstilelementen. Die Bildhauerarbeiten stammten von
Emil Salm. Er schuf am Haupteingang plastische Figurengruppen mit spielenden, singenden und musizierenden Kindern. Auch die drei geschweiften Giebel waren mit bildhauerischem Schmuck
verziert. Am Giebel Museumstraße flankierten zwei Relieffiguren, Tag und Nacht darstellend, das Zifferblatt der Schuluhr.
Das darüberliegende Feld erhielt ein Rankenornament mit Eule als Sinnbild der Weisheit.
Hinter dem Giebel Luisenplatz verbarg sich eine Beobachtungsplattform. Im Innern befanden sich
auf jedem Stockwerk Wandbrunnen mit Majolika-Bildern des bekannten Karlsruher Keramikers
Max Laeuger.

Das Gebäude wurde während des Zweiten Weltkrieges schwer beschädigt und in mehreren Bauabschnitten zwischen 1951 und 1955 wiederaufgebaut.


Hilda-Gymnasium

Im Eingangsvorraum befindet sich heute eine als Sgraffito ausgeführte Gedenkinschrift:
„Erbaut von Meisterhand (1908) – zerstört durch Unverstand (1945) – erneuert für die Jugend –
zu Wissenschaft und Tugend (1950)“. Beim Wiederaufbau der Schule wurde die Tradition der Wandbrunnen aufgegriffen. Die bekannte Pforzheimer Künstlerin Vera Joho entwarf die Keramik-Wandbilder der Brunnenanlagen, die von Rolf Gröger ausgeführt wurden. Die Säule am Eingang Luisenplatz erhielten Mosaikverkleidungen von Ursula Gröger. Für die Turnhalle entwarf
Wolfgang Kappis eine Putzkeramik mit Motiven etruskischer Wandmalereien.

Kunstgewerbeschule, heute Hochschule für Gestaltung


Kunstgewerbeschule

Die großherzoglich-badische Kunstgewerbeschule in Pforzheim wurde in den Jahren 1909 – 1911 zwischen Holzgarten-, Hermann-, Karl- und Sophienstraße nach Plänen des Karlsruher Architekten
H. Maier errichtet.

Die Dreiflügelanlage ordnete sich um einen ummauerten Hof mit Studiergarten an. Die Hauptfassade
an der Holzgartenstraße ist asymmetrisch angelegt. Der Eingangsvorbau mit Schweifgiebel wird von
einem Portralvorbau mit dem Haupteingang flankiert. Der anschließende Trakt ist mit großen Atelierfenstern gegliedert.

Der damalige Innenminister charakterisierte den Neubau mit den Worten: „(…) Licht, viel Licht. Hell grüßend am Bau sind die zahlreichen, sinnreich hergestellten Fenster. In reicher Fülle strömt das Licht
ein, dessen der Arbeiter und Künstler so dringend bedarf. Möge diese Lichtfülle ein Vorzeichen sein
für die Zukunft dieser Schule, der Industrie und der Stadt Pforzheim.“

Das Schulhaus war mit den damals neuesten technischen Möglichkeiten ausgestattet „(…) in den Wandelgängen (sind) Aquarien- und Terrarienanlagen dergestalt aufgestellt, daß sie von allen Seiten
genau betrachtet und skizziert werden können. Ein geräumiges Pflanzenhaus zieht sich, von einer
Empore unterbrochen, vom Paterre bis zum zweiten Obergeschoss. Alle Arten und Pflanzen, sogar Tropengewächse, harren des Studiums. Über einem Teil des Gebäudes liegt der Dachgarten.
Am Eingang plätschert ein kleiner Wandbrunnen, wie solche auch sonst in den Gängen verschiedentlich angetroffen werden. Da blühen allenthalben Pflanzen und Blumenarrangements, wie sie Zeit und Sonne gedeihen läßt (…). Der Hofraum, durch alten Baumbestand geschmückt und durch Lauben abgegrenzt,
soll noch einige Tierkäfige aufnehmen.“ Auch der Kunstgewerbeverein mit seiner Sammlung und
Bibliothek hatte bis 1926 in dem Gebäude seinen Sitz.

Der Ostflügel und die Dachzonen der Kunstgewerbeschule wurden bei einem Luftangriff im Januar
1945 zerstört. In den Nachkriegsjahren erfolgte eine vereinfachte Wiederherstellung.

Brötzingerschule


Brötzinger Schule


Brötzinger Schule mit Erweiterungsbau

Bereits zwischen 1887 und 1889 erhielt das Dorf Brötzingen einen neuen Schulbau mit 12
Lehrsälen. Das dreigeschossige Gebäude in Gestalt eines Renaissancepalastes zeigt eine streng
axiale Fassadengliederung in historistischen Stilformen.

Schon bald erwies sich das Schulhaus zu klein und musste erweitert werden. 1914-1915 entstand
nach Plänen des städtischen Hochbauamtes unter Leitung von Alfred Roepert ein zweiflügliger Erweiterungsbau an der Martin-Luther-Straße mit Klassenräumen, Sonderklassen und Turnhalle.
Das neue Gebäude entstand im Stil des Neobarocks. Der mächtige Giebel an der Westlichen Karl-Friedrich-Straße fiel 1945 einer Sprengbombe zum Opfer.

An der Martin-Luther-Straße befindet sich ein weiterer Eingang mit einem reich geschmückten Erker,
der kindgerecht mit verschiedenen Märchenszenen verziert ist.

Im Keller des Nordflügels richtete man ein Volkswannenbad „zur allgemeinen Benützung“ ein.
Im Zuge der Umgestaltung zur Ganztageseinrichtung ist das Wannenbad inzwischen verschwunden.

Nordstadtschule


Nordstadtschule

Auch in der stark anwachsenden Nordstadt entstand ab 1914 ein großer Schulneubau mit 47 Klassenzimmern, Fachräumen und zwei Turnhallen nach Plänen der Architektengemeinschaft Karl
Faller und Josef Clev. Der Erste Weltkrieg verzögerte jedoch die Fertigstellung, so dass die Schule
erst 1920 eingeweiht wurde.

Das dreiflüglige Schulgebäude im Stil der Neorenaissance gruppiert sich um einen Innenhof.
Ursprünglich war das Schulhaus in einen Mädchen- und Knabentrakt mit separaten Eingängen an
der Brettenerstraße unterteilt. Horizontale Gesimse, Lisenen und Bauschmuck gliedern die drei- und viergeschossigen Fassaden. Die ursprüngliche Dachgestaltung wurde nach den Kriegszerstörungen
nicht wiederhergestellt. „Die Einfachheit der Formen ist absichtlich gewählt und soll das ganze Gebäude mehr durch gut verteilte Massen und seine Gruppierung unter Zuhilfenahme lebhafter Farben auf den Beschauer wirken“, beschrieb der Architekt Josef Clev das Gebäude.

Die Nordstadtschule wurde liebevoll mit kindgerechtem Bauschmuck ausgestattet. Schmuckreliefs an
der Fassade zeigen fröhliche Kinder beim Musizieren, Seilhüpfen und Fußballspiel. Der Entwurf der
Relief stammt vermutlich von dem Pforzheimer Bildhauer Emil Salm. Farbige Wandkacheln der
Karlsruher Majolika Manufaktur nach Entwürfen des Münchner Künstlers Franz Naager schmücken
die beiden Eingangshallen an der Brettener Straße.

Nachkriegsjahre

Mit der Zerstörung Pforzheims am 23. Februar 1945 erlitt auch das Schulwesen einen Zusammen-
bruch. Sämtliche Schulhäuser waren zerstört oder schwer beschädigt. Von den neun Volksschulhäusern waren fünf völlig vernichtet. In Gaststätten, Industriegebäuden, Baracken und Privatwohnungen wurden zunächst provisorische Schulräume eingerichtet. In den Nachkriegsjahren widmete die Stadt dem
Schulbau große Aufmerksamkeit. Hilda-, Hebel- und Heuss-Gymnasium waren Mitte der 1950er
Jahre wiederhergestellt, der Neubau von Goldschmiedeschule, Reuchlin- und Kepler-Gymnasium
folgten. Die Gewerbeschule wurde wiederaufgebaut und erhielt einen Erweiterungsbau an der
Emma-Jaeger-Straße.

Neue Volksschulen entstanden in den Nachkriegsjahren auf dem Buckenberg, dem Weiherberg,
dem Börth und der Insel. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging der Schulbau vom Typus der großen Schulkasernen ab und wandte sich unter dem Einfluss schweizer und niederländischer Vorbilder der Pavillonbauweise zu.

Die 1951 eingeweihte Arlingerschule auf dem Börth entstand nach Entwürfen von René Holz und
Eberhard Orendi vom städtischen Hochbauamt. Sie weist das Reformmodell der Schularchitektur
der frühen 50er Jahre auf. Die Anlage besteht aus vier doppelgeschossigen Pavillons mit insgesamt
16 großzügig durchfensterten Klassenzimmern. Den Klassenzimmern waren Terrassen vorgelagert,
so dass der Unterricht nach Vorbild der Freilichtschulen aus den 20er Jahren auch in der freien Natur erfolgen konnte. Die nach Südost orientierten Schulräume sollten einen „(…) weiten Ausblick auf
das Enztal und die Schwarzwaldberge (ermöglichen)“, wie es anlässlich der Eröffnung hieß.


Arlinger-Schule

1959 wurde in der Arlingerschule das erste Lehrschwimmbecken der Pforzheimer Volksschulen eingerichtet. Weitere Schwimmbäder in der Schanzschule und der Weiherbergschule foltgen. Ziel
des neu eingeführten Unterrichts war, dass kein Kind als Nichtschwimmer die Schule verließ.
Inzwischen sind alle drei Bäder geschlossen und zum Teil umgenutzt.

Goldschmiedeschule


Goldschmiedeschule

Die zwischen 1957 und 1960 gebaute Goldschmiedeschule nach Plänen von Hans Schürle, einem Mitarbeiter des Städtischen Hochbauamtes, gehört zu den anspruchvollsten Schulbauten der Nachkriegsjahre in Pforzheim. Die auf dem Gelände des früheren Gesellschen Park errichtete Schule besteht aus zeilenartig aufgegliederten Trakten, die terrassenförmig am Hanggelände angeordnet sind.
Die Baukörper gruppieren sich um begrünte Innenhöfe. In der Gestaltung dominiert Sichtbeton.

Fritz-Erler Schule

Die Fritz-Erler-Schule mit Sport- und Schwimmhalle entstand 1976/77 nach Entwürfen des bekannten Stuttgarter Architektenbüros Günther Behnisch & Partner. Die Schule mit ihrer konstruktivistischen Metallfassade war eine der modernsten Schulbauten des Landes. In der Festschrift anlässlich der Eröffnung heißt es: „Metalle, Glas, freigeformte Baukörper, alles inmitten einer bewegten Grün-
Landschaft, ungewohnt und unkonventionell.“ Auf optisch massiv und schwer wirkende Materialien
wurde verzichtet.

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts steht die Geschichte und Architektur des Pforzheimer Schulwesens
vor einem Umbruch. Schulgebäude aus den 50er Jahren wie die Alfons-Kern-Schule, der Pavillon II
der Weiherbergschule und das Hilda-Gymnasium werden abgerissen. Somit geht das charakteristische Stadtbild der 50er und 60er Jahren weiter verloren.

An der Deimlingstraße entsteht zur Zeit ein Neubau für die Alfons-Kern-Schule. Zum Schuljahr
2009/10 soll die neue Schule im September bezogen werden. Auf 7.000 qm Fläche entstehen drei Gebäudeteile der Berufsschule: ein fünfgeschossiger Bau mit Werkstätten für Kfz und Metallverarbeitung, der zweite Trakt für Bäcker, Metzger und Friseure sowie ein drittes Gebäude mit Verwaltung und Tiefgarage. Ab September soll am alten Schulstandort der sogenannte Shed-Bau abgerissen und
durch ein Gebäude für Maler, Schreiner und die Bauberufe ersetzt werden.


Neubau der Alfons-Kern-Schule

Der Abbruch und Neuaufbau des Hilda-Gymnasiums mit Dreifeldsporthalle ist vom Gemeinderat beschlossen. Das Karlsruher Büro Rossmann & Partner ist mit der Realisierung des Neubaus
beauftragt. Die kalkulierten Kosten belaufen sich auf ca. 43 Millionen Euro.

Zum Schluss sei noch einmal an die mahnenden Worte der Gedenkinschrift der Hildaschule erinnert:
„Erbaut durch Meisterhand, zerstört durch Unverstand…“

Christina Klittich M.A.
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